Umgestaltung Dieburger Straße ist Kompromiss

DARMSTADT Für den Radentscheid Darmstadt stellt die aktuelle Planung für die Dieburger Straße bereits einen Kompromiss dar. Für eine vorbildliche und sichere Führung des Radverkehrs wäre es erforderlich, dass alle Parkplätze entfallen oder auf dem umgeplanten Abschnitt Tempo 30 angeordnet wird.

In den letzten Tagen sorgt die Planung für eine Neuordnung der westlichen Dieburger Straße für Aufregung, weil dadurch ca. 50% der vorhandenen Parkplätze entfallen würden.

Die Dieburger Straße ist eine wichtige Fahrrad-Alltagsverbindung zwischen den östlichen Stadtteilen und dem Stadtzentrum, und eine wichtige Freizeit-Fahrradroute, welche Ziele wie das Gelände am Oberwaldhaus und die Grube Prinz von Hessen anbindet.

Die Stadt Darmstadt hat 2019 mit der Radstrategie beschlossen, alle Hauptstraßen mit einer Mindestausstattung an Radverkehrsanlagen zu versehen. Darüber hinaus will die Stadt ein Qualitätsnetz mit baulich getrennten Radwegen einrichten, auf denen auch Kinder, Senioren und Anfänger sicher Radfahren können. Die Anlage einer solchen, der Radstrategie der Stadt Darmstadt entsprechenden, Qualitätsroute auf der Dieburger Straße wäre möglich.

„Da Radfahrende momentan auf dem aktuellen Angebotsstreifen aufgrund der fehlenden Sicherheitstrennstreifen einem Unfallrisiko durch Dooring (Unfälle durch sich öffnende Autotüren) ausgesetzt sind, und der vorhandene Angebotsstreifen nach aktuellen Maßstäben unzulässig ist, akzeptieren wir die zur Diskussion stehende Planung als schmerzhaften Kompromiss“, erklärt Timm Schwendy von der Initiative Radentscheid.

Zukunftsweisend und den Klimazielen der Stadt Darmstadt entsprechend wäre eine baulich getrennte Radroute, die vor allem unsichereren Radfahrenden Sicherheit vermitteln würde. Auf Angebotsstreifen an Straßen, auf denen Tempo 50 gilt, fühlt sich die Mehrheit der Radfahrenden gefährdet. Daher werden diese Routen nur von erfahrenen Radfahrenden genutzt.

Darüber hinaus weist der Radentscheid darauf hin, dass bei der vorgeschlagenen Maßnahme immer noch risikoreiche Stellen bestehen bleiben werden. So ist die Sicht aus einigen Grundstückszufahrten nicht ausreichend, um herannahende Radfahrende bzw. Kfz zu sehen. Bis dicht an die Zufahrten heran geführte Parkplätze versperren die Sicht der Autofahrer*innen, die aus den Zufahrten auf die Fahrbahn einbiegen. Gemäß den Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt) sind an Kreuzungen und Einmündungen in Abhängigkeit von der angeordneten Geschwindigkeit die Sichtfelder auf bevorrechtigte Fahrzeuge entsprechend freizuhalten. Bei den heute angeordneten 50 km/h werden die entsprechenden Sichtlängen an den Grundstückszufahrten nicht eingehalten.

Die vorgeschriebenen Sichtachsen reduzieren sich bei Tempo 30 um mehr als die Hälfte. Die Planung ist dahingehend zu überprüfen, ob ein allgemeines Tempolimit die Problemstellen entschärfen kann oder ob weitere Parkplätze aus Sicht der Verkehrssicherheit entfallen müssen.

Ein weiteres Problem der aktuellen Straßenraumaufteilung wird durch die geplante Neuaufteilung ebenfalls nicht gelöst. Die verbleibende Restfahrbahn für den Kfz-Verkehr ist mit 4,7 m bis 5,4 m immer noch so bemessen, dass Kfz beim Überholen von Radfahrenden nur dann den vorgeschriebenen Mindestabstand von 1,5m einhalten können, wenn sie so weit in die Gegenfahrbahn ausweichen, dass ein Überholen bei gleichzeitigem Gegenverkehr praktisch ausgeschlossen ist. Weil die Markierungen ein Nebeneinander von “Radweg” und Fahrbahn suggerieren, wird In der Praxis dadurch häufig illegal, d.h. mit Unterschreiten des Sicherheitsmindestabstandes überholt. Auch hier würde ein Tempolimit von 30 km/h deutlich zur Entschärfung beitragen.

Fazit

Der Radentscheid Darmstadt akzeptiert die vorgeschlagene Planung, da sie die aktuell ungenügende Situation verbessert, unterstützt sie aber aus o.g. Gründen nicht. Um eine befriedigende bis gute Lösung zu erreichen, müssten deutlich mehr Parkplätze entfallen (Sichtlängen an Einmündungen / geschützte Führung). Der Radentscheid schlägt vor, die aktuelle Planung unverändert umzusetzen, und zusätzlich auf der Dieburger Strasse Tempo 30 anzuordnen. Hierdurch würden die o.g. Mängel der Planung ausgeglichen. Dies hätte auch den Vorteil, dass, ein Maximum an Parkplätzen für die Anwohner erhalten werden kann und gleichzeitig die Wohnsituation in der Dieburger Straße durch Minderung von Verkehrslärm und Emissionen verbessert wird.

Für Abstriche zu Lasten des Radverkehrs an der aktuellen Planung sieht der Radentscheid keinerlei Spielraum.


Sichtbeziehungen an Einmündungen und Zufahrten

Planungsausschnitt Stadt Darmstadt – Beispiel einer Einmündung mit der Straße Am Löwentor, mit dargestellter Sicht eines/r einbiegenden Autofahrer*in in die Dieburger Straße auf den bevorrechtigten Rad- und Autoverkehr

Planungsausschnitt Stadt Darmstadt – Beispiel einer Grundstückzufahrt, mit dargestellten mangelhaften Sichtbeziehungen.
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